>

Kinderhospizarbeit - (k)ein Tabuthema

Ort: Nürnberg
Datum: 03.02.2020
Autor: Dr. Natalie Schwägerl

Unheilbar kranke Kinder und ihre Familien leben in einem permanenten Ausnahmezustand. Ihr Alltag ist geprägt von Sorgen und Ängsten. Die Dauerbelastung und die Gewissheit, Abschied nehmen zu müssen, wirkt sich auf die sozialen Beziehungen aus. Erschwerend kommt hinzu, dass das Umfeld häufig aus Unsicherheit den Kontakt einschränkt. Wie viel Aufklärungsbedarf es gibt und wie wichtig Engagement im Bereich Kinderhospizarbeit ist, zeigt eine aktuelle Studie der Nürnberger Versicherung.

Antonia, kurz Toni genannt, ist 11 Jahre alt und geht in die 5. Klasse. Das lebensfrohe Mädchen leidet an Spinaler Muskelatrophie (SMA), einer unheilbaren Erkrankung. Aufgrund der fortschreitenden Schwächung ihrer Muskulatur muss Antonia ihren Alltag mittlerweile vom Rollstuhl aus bewältigen. Auch für ihre Eltern und ihren älteren Bruder hat sich seit Ausbruch der Krankheit alles verändert.

Verdrängen ist gängige Praxis

Toni zählt zu den weit über 40.000 Kindern und Jugendlichen in Deutschland, die unheilbar lebensverkürzend erkrankt sind. Jährlich sterben etwa 5.000 von ihnen. Da ebenso viele neue Diagnosen ausgestellt werden, bleibt die Anzahl der Betroffenen relativ konstant.

Die meisten Menschen vermeiden es, sich mit dem Thema "Kind und Sterben" zu befassen, wie eine Online-Umfrage von YouGov Deutschland und der Nürnberger Versicherung zeigt: "Auf etliche Fragen, etwa nach der Anzahl der deutschlandweit betroffenen Kinder und Jugendlichen, fühlen sich viele von uns nicht in der Lage, zu antworten. Von denjenigen, die eine Schätzung vornehmen, setzt die Hälfte der Befragten die Fallzahl mit 10.000 Kindern und Jugendlichen deutlich zu niedrig an", zitiert Dr. Martin Seibold, Vorstandsmitglied der Nürnberger Versicherung, aus der Studie.

Glücksmomente bereiten

Die Kinderhospizarbeit ist für Toni und ihre Familie eine wichtige Stütze. Hier finden sie Gehör, können Sorgen mit geschulten Fachpersonal besprechen und schöpfen immer wieder Kraft für die zahllosen Hürden, die es im Krankheitsverlauf noch zu meistern gibt. Auch das soziale Umfeld wie Freunde, Mitschüler, Lehrer und Nachbarn bekommt Rat und Trost.

Während Einrichtungen für Erwachsene den Erkrankten ausschließlich für die letzte Lebensphase offenstehen, setzt die Arbeit von Kinderhospizen ab der Diagnose an. Sie stellen über Jahre ein unterstützendes Angebot für die gesamte Familie sicher und sind mit ihrem Ansatz, Glücksmomente zu bereiten, ein Ort zum Kraftschöpfen.

Berührungsängste abbauen

Die Nürnberger Studie verdeutlicht, dass die Ausrichtung der Kinderhospizarbeit und die Fülle der Hilfsangebote weitgehend unbekannt sind. "Bei der Hälfte der Befragten dominieren Gedanken an den Tod, an Abschied und Trauer, wenn es um den Begriff der Kinderhospizarbeit geht. Lediglich 18 Prozent können sich vorstellen, dass Kinderhospizarbeit das Ziel hat, das Leben zu feiern und es lebenswert zu machen", führt Seibold aus.

Ohne freiwillige Helfer und Spenden wären viele Angebote in der Kinderhospizarbeit nicht oder nur eingeschränkt möglich. Doch neue Unterstützer zu gewinnen, ist eine Herausforderung. "Unsere Studie hat ergeben, dass knapp 60 Prozent der Befragten ehrenamtliches Engagement für Kinder und Jugendliche als besonders wichtig erachten. Dennoch kann sich nur knapp ein Drittel vorstellen, im Kinderhospiz-Bereich tätig zu werden. Die Mehrheit findet es emotional zu belastend", erklärt Seibold.

An einem Strang ziehen

Die Nürnberger Versicherung hat sich zum Ziel gesetzt, das Thema gesellschaftlich bekannter zu machen. Dafür ist sie eine Partnerschaft mit dem Bundesverband Kinderhospiz e. V. eingegangen. Gemeinsame Aktionen sollen die Öffentlichkeit stärker sensibilisieren, potenzielle Mitstreiter begeistern und so die Versorgungsstruktur erkrankter Kinder und ihrer Familien verbessern. Seibold: "Es ist uns wichtig, einen aktiven Part in dieser Kooperation zu übernehmen und Nutzen zu stiften. Für den Verband, die betroffenen Familien und damit auch für die Gesellschaft."

Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der 2.033 Personen zwischen dem 14. und 16. Oktober 2019 teilnahmen. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.

  • Auszeichnung Audit Beruf und Familie
Logo NÜRNBERGER Versicherung