Autorinnen: Christine Kaiser und Alisa Gröh
Wie können wir natürlicher und bewusster leben? Damit wir Müll vermeiden und Rohstoffe schonen.
Ich hole mein Brot beim Bäcker im Jutebeutel, kaufe Joghurt & Co. in Mehrweggläsern und versuche, um abgepacktes Obst und Gemüse einen möglichst großen Bogen zu machen. Trotzdem sind Mülltonne und Gelber Sack bei mir zuhause immer gut gefüllt. Und das liegt bestimmt nicht nur daran, dass mein Mann auf Flüssigseife besteht und meine Töchter Schokoriegel lieben. Zudem ist mir mit Corona ehrlich gesagt viel Motivation verloren gegangen. Aber das Thema lässt mich nicht los. Da muss doch noch mehr gehen! Deshalb haben meine Kollegin Alisa Gröh und ich mit Menschen gesprochen, die nach dem Prinzip Zero Waste leben bzw. schon viel weiter sind als wir.
Zero Waste - was ist das überhaupt?
Übersetzt aus dem Englischen bedeutet Zero Waste "null Müll bzw. null Verschwendung". Zero Waste ist eine nach Nachhaltigkeit strebende Philosophie und verfolgt das Ziel, ein Leben zu führen, bei dem möglichst wenig Abfall produziert und Rohstoffe nicht vergeudet werden. Dies soll insbesondere durch Konsumverweigerung, Abfallvermeidung, Reparaturen, Wiederverwendung, Kompostierung und Recycling erreicht werden.*
Im März 2021 wurde der bundesweite Dachverband Zero Waste Germany e. V. gegründet. Dessen Ziel ist, den Zero-Waste-Gedanken weiter zu verbreiten, die verschiedenen Vereine und Initiativen zu vernetzen und gemeinsam noch stärkere Wirkung zu entfalten.**
Wer sich selbst aktiv in Sachen Zero Waste engagieren möchte, findet bestimmt in seiner Region viele Gleichgesinnte sowie interessante Aktionen und Projekte. Einfach Zero Waste und den gewünschten Ort bzw. die Region googeln.
*Quelle: Wikipedia
**Quelle: www.zerowasteverein.de

Claudia Rauh
"Ersetze, was du ersetzen kannst. Hauptsache ohne Plastik."

Samantha Döberl und Philipp Weiser
Samantha Döberl "Ich finde es schade, dass viele vegane Produkte nur in Plastik verpackt erhältlich sind."
Philipp Weiser "Wenn es um Neuanschaffungen geht, achte ich auf Langlebigkeit"

Jacqueline Volland
"Für uns Unverpacktläden ist es selbstverständlich, heimische Produzenten zu bevorzugen und unsere Ware nicht von weit her zu beziehen."

Kristina Oßmann
"Ich kaufe lieber weniger, aber dafür gute Sachen und das am liebsten an der Bedientheke, wo ich meine eigenen Schälchen mitbringen kann."

Anne Tieseler
"Stell dir einfach die ganz grundlegenden Fragen, dann werden die komplizierten Details schnell irrelevant. Und fang einfach an."

Kristina Oßmann
"Ich kaufe lieber weniger, aber dafür gute Sachen und das am liebsten an der Bedientheke, wo ich meine eigenen Schälchen mitbringen kann."
2019 habe ich bei Claudia Rauh einen Workshop "Plastikfrei leben" besucht. Da liegt es nahe, mein Wissen bei ihr etwas aufzufrischen. "Auf der einen Seite bin ich stark von meiner Mutter und Großmutter geprägt, die nach der Devise lebten ’nur nichts wegschmeißen’", erzählt die Mittfünzigerin, "Auf der anderen Seite inspirieren mich die R-Regeln von Zero Waste." Plastik vermeiden fängt bei Claudia Rauh beim Kochen an - und damit auch beim Einkaufen. "Ich koche mit frischen Zutaten und zwar so viel, dass es gleich für 2 Tage reicht. Beim Einkauf kommt meine Oma wieder ins Spiel. Ich überlege mir, welche Lebensmittel es bereits zu ihrer Zeit im Laden gegeben hat. Denn damals gab es noch kein Plastik."
Sei vorbereitet, sei aufmerksam, sei mutig, sei kreativ
Ebenso hilft es, Einkaufen nicht als notwendiges, schnelles Übel zu betrachten, sondern als soziale Komponente und gleichzeitig in der Ernährung etwas umzudenken. Muss es jeden Tag Fleisch sein? Wo kommt mein Essen her? Wem gebe ich mein Geld? Lieber dem Bauern vor Ort, einem kleinen Laden oder Großkonzernen? In ihrem Workshop gibt Claudia Rauh den Teilnehmenden 4 Empfehlungen: Sei vorbereitet, sei aufmerksam, sei mutig, sei kreativ. "Gut vorbereitet sein heißt z. B., dass bei mir der Einkaufskorb in der Küche steht. Ich lege die Obst-/Gemüsetaschen direkt wieder hinein und auch die Mehrweggläser und -flaschen zum Zurückbringen. Alles was irgendwie möglich ist, kaufe ich in Mehrweg. Denn Tetra Pak ist als Verbundstoff schwer zu recyceln und wird oft verbrannt oder exportiert.
Mit ’aufmerksam sein’ meine ich, dass man schaut, wie die Ware verpackt ist. Nudeln z. B. gibt es auch im Karton. Dazu gehört für mich ebenso die eigene Einstellung. Die Welt ist nur geliehen und es ist an uns, diese für die kommenden Generationen zu bewahren. Man kann schon bei sich vor der Haustüre anfangen und einfach das heruntergefallene Papierchen oder die Maske aufheben und in den nächsten Mülleimer werfen", führt die hauptamtliche Schulbegleiterin weiter aus.
Mit ‚sei mutig‘ möchte Claudia Rauh anregen, etwas auszuprobieren. Z. B. einfach mal nachfragen, ob der Supermarkt Fleisch in Haltungsform 4 führt oder sagen, dass man das Lieblingsprodukt gerne in umweltfreundlicher Verpackung hätte. In diesem Zusammenhang verweist sie auf die von Studierenden entwickelte App "replace plastic". Diese ist gleich ein gutes Beispiel für ‚sei kreativ‘. "Ersetze, was du ersetzen kannst. Hauptsache ohne Plastik. Bei Putzmitteln habe ich z. B. die Firma Moanah für mich entdeckt. Das sind nachhaltige Reinigungsmittel als Refill und mit wiederverwendbarer Glasflasche", gibt Claudia Rauh mir jede Menge Ideen mit.
Meine Kollegin Christine Kaiser und ich haben uns mit Samantha Döberl und Philipp Weiser zu einem Online-Gespräch getroffen. Die beiden sind dual Studierende und haben vergangenen Sommer bei der Aktion NÜRNBERGER Azubi-Umweltwoche auf Instagram mitgemacht. Wir beginnen mit der Frage: "Was fällt euch spontan ein, wenn ihr an Müll denkt? Und wie versucht ihr im Alltag Müll zu vermeiden?", "Heutzutage ist Müll ein sehr großes Problem. Wir sind ständig damit konfrontiert, sogar in der Uni. Da sollte man meinen, dass alles ziemlich digital abläuft", merkt Philipp Weiser an und denkt an die vielen Ausdrucke. Samantha Döberl hält Plastik für die größte Umweltbelastung, da dies am schwierigsten entsorgt werden könne. "Klar ist Plastik der schlimmste Müll und die größte Masse", stimmt Philipp Weiser sofort zu. Doch auch wenn Bäume nachwachsen, sei die 5. Papiertüte beim Bäcker in der Woche auch nicht erstrebenswert. Die beiden hoffen auf die Forschung und sehen bereits interessante Ansätze, wie z. B. Verpackungen auf Algenbasis oder Dämmmaterial aus Popcorn. Als Studierende haben beide knappe Mittel und noch weniger Zeit. Es sei schon ein deutlich größerer Aufwand, beim Einkauf auf die Verpackung zu achten und nur im Bio-Supermarkt oder Unverpacktladen einzukaufen. Trotzdem versuchen sie zu integrieren, was irgendwie geht. "Ich finde es schade, dass viele vegane Produkte nur in Plastik verpackt erhältlich sind. Da sind wir Verbraucher schon sehr auf die Industrie angewiesen", wendet Samantha Döberl ein. "Apropos Supermarkt. Wenn ich mir vorstelle, wie viele genießbare Lebensmittel dort jeden Tag weggeworfen werden. Das ist die reinste Verschwendung." Beim Thema Foodsharing sollte der Staat eine gute Lösung schaffen, sind sie sich einig.
Einfach selber machen
"Wenn es um Neuanschaffungen geht, achte ich auf Langlebigkeit", erzählt Philipp. "Ich denke, meine gusseiserne Pfanne wird mich bei guter Pflege noch viele Jahre begleiten. Wenn du aufs Geld achten musst, überlegst du dir automatisch, was du brauchst und was nicht. Für mein Zimmer in der WG habe ich vor allem gebrauchte Möbel gekauft bzw. geschenkt bekommen. Und unser Weinregal ist ein stylisches Unikat, das wir aus einer alten Palette selbst gebaut haben." Samantha ergänzt: "Wenn ich die Zeit hätte, würde ich überhaupt mehr selber machen. Marmelade, Kekse oder sogar Hafermilch - das geht alles ganz einfach." Gute Erfahrung haben beide mit Re-Growing gemacht. So haben sie bereits Zitronen, Avocados, Lauch, Orangen und Paprika nachwachsen lassen. Und der praktischste Zero-Waste-Tipp überhaupt ist Leitungswasser trinken. Eine Sache liegt ihnen besonders am Herzen: "Unternehmen müssen langfristig gesehen nachhaltig werden. Denn ohne die Mitarbeit der Wirtschaft kann der Klimawandel nicht aufgehalten werden. Wir Verbraucher können dazu beitragen, indem wir z. B. nicht immer gleich das neueste Smartphone kaufen und bereits bei der Anschaffung auf Qualität, Langlebigkeit und eine ressourcenschonende Produktion achten."
Mein nächster Weg führt in den Unverpacktladen "Die naggerde Hummel" in Schwabach. Ich treffe mich mit Jacqueline Volland, die ihr Geschäft im Oktober 2020 - zu Lockdown-Zeiten - eröffnete. "Ich sehe Müll nicht als etwas, das weg kann, sondern als Ressource. Für mich ist das aktuell wie eine Einbahnstraße, denn von einem funktionierenden Ressourcenkreislauf sind wir meilenweit entfernt. Dazu kommt, dass die Müllabfuhr das Problem quasi aus unserem Bewusstsein transportiert", erklärt die Betriebswirtin. "Für uns Unverpacktläden ist es selbstverständlich, heimische Produzenten zu bevorzugen und unsere Ware nicht von weit her zu beziehen.", beschreibt Jacqueline Volland das Prinzip. Die Kunden bringen von zu Hause einen Behälter mit, wiegen ihn ab und notieren das Leergewicht. Dann befüllen sie ihn und nehmen nur so viel wie sie brauchen. An der Kasse wird dann das Leergewicht einfach abgezogen. Die naggerde Hummel ist - wie die meisten anderen Unverpacktläden auch - Mitglied im Unverpackt- Verband und bio-zertifiziert. "Der Verband ist für uns kleine Geschäfte eine große Hilfe und kann viel bewirken, wenn es z. B. um den Zugriff auf Lieferanten geht. Wir achten sehr darauf, in welcher Verpackung und welchen Mengeneinheiten die Ware bei uns eintrifft. Nicht jede Verpackung ist gleich gut geeignet. Für Trockenfrüchte etwa ist Plastik besser als Glas, da dieses zu viel Volumen beim Transport einnimmt. Hier hat der Unverpackt-Verband einen Leitfaden veröffentlicht, wann welche Verpackung besser ist. Ebenso forscht die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde seit Jahren zu diesem Thema", führt sie weiter aus.
Strenge Kriterien
Die Zertifizierung mit dem EU-Bio-Logo ist für Unverpacktläden wichtig, da die Ware nicht mehr als "Bio" ausgewiesen werden darf, wenn sie umgefüllt wurde. Das sei auch gut so, bekräftigt Jacqueline Volland. Sie verweist darauf, dass das Bio-Logo nur Produkte tragen dürfen, für die eine zugelassene Kontrollstelle bescheinigt hat, dass sie biologisch erzeugt wurden. Das heißt, dass sie strenge Bedingungen für Herstellung, Verarbeitung, Transport und Lagerung erfüllen müssen. Für die Kundinnen und Kunden ist das eine gute Sache. Denn sie können sich darauf verlassen, dass alles, was sie kaufen ressourcenschonend hergestellt und transportiert wurde. Und zu kaufen gibt es so ziemlich alles, was das Herz begehrt. "Die Kunden sind überrascht, dass es im Laden z. B. auch Backerbsen, Gummibären oder Toilettenpapier gibt", weiß Jacqueline Volland. Mir gibt sie den Tipp, dass ich meinen Müll mal unter die Lupe nehmen soll. Was fällt im Laufe einer Woche alles so an? Denn es nützt ja nichts, wenn ich unverpackte Trockenfrüchte kaufe, die ich eigentlich gar nicht brauche.
Eine Kollegin gibt mir den Tipp, auf Kristina Oßmann zuzugehen. Die Leiterin des Bereichs Marktmanagement Leben Privat könne mir bestimmt in Sachen Zero Waste interessante Impulse geben. Kristina Oßmann ist davon überzeugt, dass schon winzige Kleinigkeiten in der Summe einiges bewirken können. Je mehr Menschen mitmachen, umso besser. "Ich kaufe lieber weniger, aber dafür gute Sachen und das am liebsten an der Bedientheke, wo ich meine eigenen Schälchen mitbringen kann", erzählt Kristina Oßmann und gesteht aber auch ein, dass das Müllreduzieren nicht immer gelingt. Dann versucht sie, Konsequenzen daraus zu ziehen und ihre Handlungen anzupassen: "Kürzlich haben mein Mann und ich Essen vom Asiaten geholt. Wahnsinn, wie viel Verpackungsmüll wir hinterher hatten. Da essen wir das nächste Mal besser im Restaurant oder fragen, ob wir unsere eigenen Töpfe mitbringen können."
Erstmal keine neue Kleidung
So ernst das Thema auch ist - ihr persönlich ist eine positive Herangehensweise wichtig: "Jede Konsumentscheidung, die wir treffen, ist eine Entscheidung für oder gegen die Welt. Dieses Bewusstsein ist mir wichtig und dafür möchte ich auch gerne andere sensibilisieren. Trotzdem nützt es wenig, wenn wir uns geißeln und unter Druck setzen. Vielmehr geht es darum, genauer hinzuschauen und zu hinterfragen. Welche globalen Auswirkungen hat es, wenn ich z. B. das T-Shirt für 3,99 EUR kaufe? Unter welchen Bedingungen wurde die Baumwolle angebaut? Erhalten die Näherinnen einen fairen Lohn? Was passiert damit, wenn ich das Shirt nach einer Saison in die Altkleidersammlung gebe? Es muss uns einfach klarwerden, dass unsere Handlungen nicht nur das Hier und Jetzt beeinflussen, sondern in einem größeren Kontext stehen." Aus diesen Gedanken heraus hat Kristina Oßmann spontan beschlossen, sich erstmal keine neuen Klamotten mehr zu kaufen. Das war im Oktober 2019. Wie geht es ihr damit? "Es ist total befreiend.", verrät sie mir, "Mein Schrank ist übersichtlicher, und es sind nur noch Sachen drin, die ich gerne trage und in denen ich mich wohlfühle. Ungeliebte, aber hochwertige Stücke habe ich nicht in den Kleidercontainer gegeben, sondern an Lilith gespendet. Der Verein hilft in Nürnberg Frauen und Kindern mit Drogenproblemen, indem dort die Kleidung hergerichtet, manchmal etwas Neues daraus genäht und weiterverkauft wird. Wenn ich mir mal wieder neue Kleidung kaufen möchte, dann in solchen Läden." Überhaupt findet es Kristina Oßmann toll, wenn man Dingen eine 2. Chance geben kann. Bei ihr im Stadtteil gibt es sogenannte Verschenkbretter. Da stellt man gut erhaltene, gebrauchte Sachen drauf und ein anderer kann es mitnehmen. Ihre neuen Espressotassen stammen etwa von dort. Wir unterhalten uns über Flohmärkte und Secondhand-Läden und ich nehme mit, dass man auch mit weniger zufrieden sein kann.
Bei meinen Recherchen stoße ich auf Anne Tieseler. Sie ist Nachhaltigkeits-Bloggerin und Zero-Waste-Aktivistin. Als ich auf ihrer Webseite lese, dass der Restmüll ihrer 4-köpfigen Familie eines Jahres in ein einziges Einmachglas passt, schwanke ich zwischen ungläubigem Staunen und Bewunderung. Echt jetzt, das geht?!? "Als ich vor rund 10 Jahren anfing, unseren Alltag grün zu gestalten, stand ich vor einem großen Berg an Aufgaben und Fragen.", erzählt Anne Tieseler, "Anstatt jedoch vor ihm zu kapitulieren, beschloss ich einfach, Stück für Stück voranzugehen. Denn ein nachhaltiger Alltag ist ein lehrreicher Prozess, der Spaß machen kann, und kein ultimatives Ziel, das schnell erreicht ist. Der Zeitaufwand ist jedoch überschaubar, wenn man Produkte, Denkprozesse und Gewohnheiten Schritt für Schritt angeht, um echte Lösungen zu finden."
Manchmal ist es schwer und manchmal ganz leicht
Für sie persönlich kommt ein halbherziger Mittelweg nicht in Frage: "Es gibt vieles, auf das wir ohne Probleme verzichten können, wenn uns die globalen Auswirkungen bewusst werden. Schließlich geht es um Menschenleben und um die Natur als unsere eigene Lebensgrundlage." Verzichten sei relativ. Das klingt für mich ziemlich gewaltig und ich frage sie, ob es sehr schwer sei, nachhaltig zu leben. "Manchmal ist es schwer und manchmal ganz leicht. Wenn mir z. B. der Bauer auf dem Markt genau erklären kann, wie er sein Obst und Gemüse anbaut, umgehe ich das Dilemma mit der plastikverpackten Massenwirtschaft und untätigen Politik gänzlich. Natürlich wäre es ideal, regional und bio zu vereinen. Die radikalste Variante, mein Essen selbst anzubauen, ist für mich und meinen Lebensstil nicht realistisch. Ich will nicht aus der Gesellschaft aussteigen, sondern in eine neue Gesellschaft eintauchen. Ich will zeigen, wie und dass es besser geht - jeden Tag, mit jeder Wahl, die wir treffen", erklärt die Diplom-Ingenieurin und 2-fache Mutter. Wie sie das konkret umsetzt, beschreibt sie in ihrem Blog. Sie ist davon überzeugt, dass jeder für sich selbst entscheiden soll, wie er leben möchte. Jedoch kann man seine Mitmenschen durchaus motivieren, indem man mit gutem Beispiel vorangeht. „Es ist verständlich, dass wir zuerst die uns Nahestehenden überzeugen möchten mitzumachen. Das führt aber leider oft zu Diskussionen und Konflikten.", sagt Anne Tieseler, "Wir müssen zunächst einmal akzeptieren, dass nicht jeder gleich schnell in seiner Entwicklung ist und nicht unbedingt zum gleichen Zeitpunkt eine Veränderung in seinem Leben braucht und willkommen heißt. Daher ist es besonders wichtig, Dinge zu erklären und vorzumachen anstatt mit erhobenem Zeigefinger zu diktieren. So hat der andere die Möglichkeit zu verstehen und zu unterstützen, selbst wenn er nicht sofort mitmachen möchte.“ Damit habe ich jetzt jede Menge Stoff zum Nachdenken bekommen. Eine Sache gibt mir Anne Tieseler dazu noch mit: "Stell dir einfach die ganz grundlegenden Fragen, dann werden die komplizierten Details schnell irrelevant. Und fang einfach an."
Eine Kollegin gibt mir den Tipp, auf Kristina Oßmann zuzugehen. Die Leiterin des Bereichs Marktmanagement Leben Privat könne mir bestimmt in Sachen Zero Waste interessante Impulse geben. Kristina Oßmann ist davon überzeugt, dass schon winzige Kleinigkeiten in der Summe einiges bewirken können. Je mehr Menschen mitmachen, umso besser. "Ich kaufe lieber weniger, aber dafür gute Sachen und das am liebsten an der Bedientheke, wo ich meine eigenen Schälchen mitbringen kann", erzählt Kristina Oßmann und gesteht aber auch ein, dass das Müllreduzieren nicht immer gelingt. Dann versucht sie, Konsequenzen daraus zu ziehen und ihre Handlungen anzupassen: "Kürzlich haben mein Mann und ich Essen vom Asiaten geholt. Wahnsinn, wie viel Verpackungsmüll wir hinterher hatten. Da essen wir das nächste Mal besser im Restaurant oder fragen, ob wir unsere eigenen Töpfe mitbringen können."
Erstmal keine neue Kleidung
So ernst das Thema auch ist - ihr persönlich ist eine positive Herangehensweise wichtig: "Jede Konsumentscheidung, die wir treffen, ist eine Entscheidung für oder gegen die Welt. Dieses Bewusstsein ist mir wichtig und dafür möchte ich auch gerne andere sensibilisieren. Trotzdem nützt es wenig, wenn wir uns geißeln und unter Druck setzen. Vielmehr geht es darum, genauer hinzuschauen und zu hinterfragen. Welche globalen Auswirkungen hat es, wenn ich z. B. das T-Shirt für 3,99 EUR kaufe? Unter welchen Bedingungen wurde die Baumwolle angebaut? Erhalten die Näherinnen einen fairen Lohn? Was passiert damit, wenn ich das Shirt nach einer Saison in die Altkleidersammlung gebe? Es muss uns einfach klarwerden, dass unsere Handlungen nicht nur das Hier und Jetzt beeinflussen, sondern in einem größeren Kontext stehen." Aus diesen Gedanken heraus hat Kristina Oßmann spontan beschlossen, sich erstmal keine neuen Klamotten mehr zu kaufen. Das war im Oktober 2019. Wie geht es ihr damit? "Es ist total befreiend.", verrät sie mir, "Mein Schrank ist übersichtlicher, und es sind nur noch Sachen drin, die ich gerne trage und in denen ich mich wohlfühle. Ungeliebte, aber hochwertige Stücke habe ich nicht in den Kleidercontainer gegeben, sondern an Lilith gespendet. Der Verein hilft in Nürnberg Frauen und Kindern mit Drogenproblemen, indem dort die Kleidung hergerichtet, manchmal etwas Neues daraus genäht und weiterverkauft wird. Wenn ich mir mal wieder neue Kleidung kaufen möchte, dann in solchen Läden." Überhaupt findet es Kristina Oßmann toll, wenn man Dingen eine 2. Chance geben kann. Bei ihr im Stadtteil gibt es sogenannte Verschenkbretter. Da stellt man gut erhaltene, gebrauchte Sachen drauf und ein anderer kann es mitnehmen. Ihre neuen Espressotassen stammen etwa von dort. Wir unterhalten uns über Flohmärkte und Secondhand-Läden und ich nehme mit, dass man auch mit weniger zufrieden sein kann.
Zero Waste - einfach umsetzbar!
Tipps für Einsteiger
Wir haben in unseren Gesprächen jede Menge Impulse bekommen, die wir gerne mit Ihnen teilen. Wir sind überzeugt, dass sich vieles ganz bequem im Alltag integrieren lässt - und sogar Spaß macht. Gemeinsam können wir viel erreichen und jede Menge Müll vermeiden.
Die R-Regeln bieten eine gute Orientierung
Refuse
(ablehnen)
Reduce
(reduzieren)
Reuse
(wiederverwenden)
Repair
(reparieren)
Recycle
(wiederverwerten)
Rot
(kompostieren)
Regrowing - 2. Chance für Gemüsereste
Regrowing kommt aus dem Englischen undbedeutet so viel wie "Nachwachsen lassen". Der Trend, aus Gemüseabfällen neues Lebenzu gewinnen, begeistert immer mehr Menschen. Die Reste landen nicht im Müll, sondern werden in ein Wasserglas gesetzt und anschließend wieder eingepflanzt. Besonders gut eignen sich Lauchzwiebeln, Lauch, Romana-Salat und Stangensellerie.***
***Quelle: plantura.garden



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