Reitbeteiligungen sind beliebt, werfen aber viele Fragen auf. Andreas Sturm, Pferdeexperte und Generalagent der NÜRNBERGER Versicherung, erklärt im Interview, worauf besonders geachtet werden muss.
Reitbeteiligung absichern.
Unser Experte erklärt, worauf es bei einer Reitbeteiligung ankommt.
Gute Gründe für eine Reitbeteiligung
Herr Sturm, was genau ist eigentlich eine Reitbeteiligung?
Hier teilt sich ein Pferdehalter das Pferd gegen Gebühr mit einem anderen Reiter, d. h. der Reitbeteiligte kümmert sich zeitweise um das Pferd, pflegt und reitet es - und zahlt dafür einen gewissen Betrag.
Wenn Sie sich für eine Reitbeteiligung interessieren, sollten Sie sich vorher genau überlegen, was Sie tun möchten: Stalldienste übernehmen, mit dem Pferd ins Gelände gehen, Turnierreiten oder alles zusammen? Manchmal suchen auch Eltern für ihre Kinder eine Reitbeteiligung, damit diese nicht nur Reitstunden absolvieren, sondern auch den richtigen Umgang mit Pferden lernen. Wichtig ist daher ein ausführliches Gespräch mit dem Pferdehalter über seine Vorstellungen.
Und welchen Vorteil haben Pferdebesitzer von einer Reitbeteiligung?
Für eine Reitbeteiligung gibt es verschiedene Gründe, z. B. fehlt oft die Zeit. Die Pflege eines Pferdes ist aufwändig, außerdem muss es regelmäßig bewegt werden. Manche Halter wollen sicherstellen, dass ihr Tier versorgt ist, falls sie krank werden. Auch die finanzielle Unterstützung durch eine Reitbeteiligung spielt eine wichtige Rolle. Die Kosten für Unterhalt, Tierarzt und Boxmieten sind hoch.
Neben der zeitlichen und finanziellen Entlastung steht auch der ideelle Wert einer Reitbeteiligung. Sie vereinfacht den Erfahrungsaustausch mit anderen Reitern. Probleme, die beim Pferd aufgetreten sind, können gemeinsam gelöst und Erfolge geteilt werden. Nicht selten bilden sich Freundschaften außerhalb des Stalls und es wird sich immer gut um das Pferd gekümmert!
Auf was muss ich als Pferdebesitzer achten, wenn ich eine Reitbeteiligung suche?
Die wichtigste Eigenschaft bei einer Reitbeteiligung auf beiden Seiten: Zuverlässigkeit. Entscheidend ist außerdem, dass die Chemie zwischen dem neuen Reiter und dem Pferd stimmt. Gut ist auch ein ähnlicher Reitstil.
Die einzelnen Pflichten - Ihre und die des anderen Reiters - sowie die Aufteilung der Kosten werden bei einer Reitbeteiligung individuell festgelegt und schriftlich vereinbart. Der beteiligte Reiter sollte mindestens 2-mal pro Woche im Stall sein, damit er eine gute Beziehung zu Ihrem Pferd aufbauen kann.
Wie viel Geld Sie von dem beteiligten Reiter verlangen, hängt davon ab, wie oft dieser zum Pferd kommt: Je häufiger das ist, desto mehr sollte er zahlen. Handelt es sich um einen erfahrenen Reiter, können Sie auch weniger verlangen. Das Pferd profitiert von dieser fachmännischen Behandlung und wird besser gefördert. Ein guter Mittelwert dürften 2/3 der Haltungskosten Ihres Pferdes sein.
Wie finde ich eine Reitbeteiligung?
Reitställe direkt in Ihrer Nähe haben meist entsprechende Kontakte oder Anfragen. Auch online können Sie Interessenten finden. Ein anderer guter Weg sind Social-Media-Kanäle wie Facebook. Suchen Sie dort nach einer Gruppe in Ihrer Umgebung, in der Reitbeteiligungen angeboten werden.
Wichtige Tipps zum Absichern der Reitbeteiligung
Wie wird die Reitbeteiligung schriftlich geregelt?
Grundsätzlich können Sie einen schriftlichen Reitbeteiligungsvertrag mit dem anderen Reiter abschließen, müssen Sie aber nicht. Hierzu gibt es Musterverträge im Internet. Eine verlässliche Vorlage bietet die Deutsche Reiterliche Vereinigung FN. Diese ist allerdings kostenpflichtig. Einen kostenlosen Mustervertrag finden Sie meist auch in Pferdezeitschriften, z. B. Cavallo. Im Vertrag werden unter anderem Kostenbeteiligung, Vertragsdauer sowie Rechte und Pflichten beider Seiten festgelegt.
Ist es damit getan?
Nein. Mit der Aufnahme einer Reitbeteiligung ändert sich die Versicherungssituation. Sowohl Pferdehalter als auch Reitbeteiligung sollten sich dringend um entsprechende Absicherung kümmern. Im Gegensatz zu einem sogenannten Gast- oder Fremdreiter bringen die erweiterten Rechte einer Reitbeteiligung auch deutlich mehr Pflichten mit sich. Rechtlich wird eine Reitbeteiligung unter Umständen als "halterähnlich" eingestuft, sie könnte also wie der Pferdehalter selbst für Schäden haften, die das Pferd verursacht. Dabei kann man nicht oft genug betonen, dass alle privaten Pferdehalter der sogenannten Gefährdungshaftung unterliegen. Sie haften damit also zunächst einmal grundsätzlich für alle Schäden, die durch ihr Pferd entstehen, unabhängig davon, ob vonseiten des Halters ein tatsächliches Verschulden vorliegt.
Wie müsste ein passender Versicherungsschutz demnach aussehen?
Grundsätzlich ist zunächst einmal für den Halter selbst eine Pferdehalter-Haftpflichtversicherung unverzichtbar. Es ist leicht vorstellbar, dass etwa bei Unfällen im Straßenverkehr auch sehr hohe Schadensummen und Folgekosten auflaufen können. Als Pferdehalter haften Sie für derartige Schäden unbegrenzt mit Ihrem gesamten Vermögen - und zwar ein Leben lang. Nur mit einer speziellen Haftpflichtversicherung für Pferdehalter lässt sich dieses finanzielle Risiko absichern.
Hinsichtlich der Reitbeteiligung ist in dem betreffenden Vertrag sicherzustellen, dass dieser Haftpflichtschutz auch für sie gilt. Das ist heutzutage in den meisten Verträgen Standard. Übersehen wird allerdings häufig, dass auch der Versicherungsschutz für Schäden geregelt sein muss, die der Reitbeteiligung selbst durch das Pferd entstehen.
Die Gefährdungshaftung gilt natürlich auch gegenüber der Reitbeteiligung, in der Versicherung ist dieser Schutz aber nicht automatisch mit eingeschlossen. Der Pferdehalter müsste dann den Schaden selbst bezahlen. Gerade an dieser Stelle kann es also leicht zu gefährlichen Lücken beim Versicherungsschutz kommen. Deshalb kann ich nur dringend empfehlen, sich im Punkt Versicherung von einem im Pferdesport erfahrenen Partner beraten zu lassen.
Ist damit für den Versicherungsschutz alles erledigt?
Nicht ganz. Erstens sollte bedacht werden, dass ja nicht jeder Schaden, der beim Umgang mit Pferden passiert, immer ein Haftpflichtschaden ist. Natürlich können auch einfach Unfälle vorkommen, für die niemand haftbar zu machen ist. Eine private Unfallversicherung, die sämtliche Risiken rund ums Pferd einschließt, empfehle ich deshalb unbedingt. Damit ist die finanzielle Absicherung gegeben, wenn etwa ein Unfall längerfristige Einschränkungen mit sich bringt, kosmetische Operationen notwendig wären oder auch bereits für Such- und Bergungskosten bei einem Unfall im Gelände. Die gesetzliche Unfallversicherung hilft hier nichts. Sie leistet nur bei Unfällen während der Arbeit, auf dem Weg zur Arbeit und dem Heimweg.
Zweitens sollten sich Pferdehalter und Reitbeteiligung darüber im Klaren sein, dass auch das Pferd zu Schaden kommen könnte. Darüber sollte auf alle Fälle im Vorfeld gesprochen werden. Und als sinnvolle Ergänzung kann ich nur zum Abschluss einer Operationskostenversicherung (OP-Versicherung) raten. Die Kosten dafür könnten sich beide teilen.
So sichern Sie die Reitbeteiligung ab
- Legen Sie Rechte, Pflichten und andere Punkte in einem Reitbeteiligungsvertrag fest.
- Pferdebesitzer sollten unbedingt eine Tierhalter-Haftpflicht abschließen.
- Achten Sie darauf, ob die Tierhalter-Haftpflicht Ersatzansprüche der Reitbeteiligung abdeckt und eine Forderungsausfalldeckung enthält.
- Die Reitbeteiligung sollte unbedingt eine private Unfallversicherung abschließen.
Absichern der Reitbeteiligung ist ein Muss!
Eine Reitbeteiligung ist ein toller Weg, um Kosten, Pflichten, aber auch die Freude an einem eigenen Pferd zu teilen. Reiten ist jedoch ein Sport mit vielen Unwägbarkeiten. Pferde sind Fluchttiere und können sich daher schnell der Kontrolle des Reiters entziehen. Ein ausschlagendes oder auf die Straße laufendes Pferd kann leicht Schäden im 7-stelligen Bereich verursachen. Eine Pferdehaftpflicht sowie eine private Unfallversicherung sind deshalb bei der Reitbeteiligung ein Muss. Beide Seiten sollten zudem ihre Rechte und Pflichten rund um das Pferd vertraglich festhalten.